Olympische Distanz / Bike

Nach dem Schwimmen hieß es einem roten Teppich bis in die Wechselzone zu folgen und dort aufs Radl zu wechseln.

Auch hier setzte direkt ein Erfahrungsgewinn ein: Das (fast) Krampfen der Waden beim Schwimmen hat meistens wenig mit Überlastung zu tun. Der Wadenmuskel neigt einfach zu Krämpfen, wenn er sehr kurzgesraucht liegen darf wie es beim Kraulen nunmal der Fall ist. 

Das warm joggen hilft bis zu einem gewissen Punkt eher als es schadet. Und natürlich hatte ich mit meinem Barfußschuhen indirekt geübt auch ein Bisschen barfuß zu joggen. Nicht zu vergessen das zeitnahe ausziehen der Badekappe beim joggen, darunter wird es schnell zu warm.

Ich war barfuß folglich relativ flott unterwegs und konnte sogar jemanden locker überholen.

In der Wechselzone angekommen, legte ich Brille und Badekappe ab, schnipste die Kontaktlinsen in ihren Tod auf den Boden und setzte den Radhelm mitsamt Brille auf. Das ist wichtig, denn das Rad darf ohne geschlossenen Helm nicht bewegt werden. 

Nun trocknete ich schnellstmöglich die Füße halbwegs ab, schlüpfte in Socken und Rennrad Schlappen und schlüpfte in das Startnummern Band. 

Es war ein guter, strukturierter Wechsel. Mit dem Rad an der rechten hand joggte ich zum Ausgang der Zone und trank linkshändig eine halbe Flasche vorbereiteren Obst-Energie Shake. 

Nach der Wechselzonenlinie sattelte ich auf, Schulterblick ob was Schnelles von hinten kommt und los ging es auf die sechs Radrunden. 

Auf meinem Oberrohr hatte ich zwei halbe Bananenchips Brötchen mit Malerkrepp angeklebt aber dafür war es zu früh. 

Bereits nach kurzem Anfahren fuhr ich auf Ronny auf. Sein Oberkörper wippte auffällig von links nach Rechts und ich dachte bei mir, daß da entweder der Gang zu dicke ist oder das Rumpfstabi zu kurz gekommen war. So richtig aerodynamisch sah das ganze auch nicht aus. 

Aber sein Tempo schien mir für die bevorstehenden 38 Kilometer vernünftig und so rollte ich neben ihn und schlug vor, daß wir ein Windschatten Duo bilden. Er warnte mich keine Gruppenerfahrung zu haben und ich konnte beruhigen, mir ging es ganz ähnlich. 

Zum ersten mal im Leben durfte ich am

Eigenen Leib erfahren wie herrlich Windschatten ist. Und wie quälend die Führungsposition im Wind dann doch etwas über den persönlichen aeroben Fähigkeiten ist. Und wie aufregend und konzentriert man bleiben muss bei den notwendigen geringen Abständen zum Vordermann. 

Immer wenn ich meinen Wohlfühl Abstand fast erreichte, spürte ich den Wind aufflackern und unweigerlich stellte sich ein unliebsamer Widerstand in den Pedalen ein. Ich musste also etwa 10 Zentimeter am Vordermann dranbleiben, wollte ich wirklichen Windschatten genießen.

Bereits zum Ende der ersten Runde überholte uns dann Robert als Solo Fahrer mit nochmal einigen Watt mehr. Ich hatte grade die Führung im Wind übernommen und witterte eine Chance für uns die Gruppe zu vergrößern. 

Allerdings sollte es nicht leicht werden die paar Meter Vorsprung von Robert zu schließen. Immer wieder drehte ich mich um, auch Ronny hatte zu kämpfen, blieb aber Tapfer dran. Ich wollte ihn als meinen Windschatten Buddy einfach nicht verlieren. Als wir es schnaufend geschafft hatten, war ich wirklich platt und baumelte sicherlich eine fast volle Runde nur noch in Roberts Windschatten. 

Irgendwann wurde es Ihm vermutlich zu frech und er ließ sich hinter mich fallen. Ich stand wieder im Wind. Diesmal aber mit ein paar Kilometern pro Stunde mehr auf dem nicht vorhandenen Tacho. 

Was hab ich mich gequält. Ich wollte auch etwas zurückgeben für die entspannte aber flotte zweite Runde mit Roberts Führungsarbeit, das Tempo hochhalten. Und ich biss wirklich in den Lenker. Machte mich so klein es ging und dann alles in die Pedale legen, was vertretbar ist. Mein Gesicht verzerrte sich aber ich hielt durch. Kämpfte. 

Nach etwa einem Kilometer wurde ich aber etwas langsamer. Und da fuhr Robert an mir vorbei, sagte „Super gemacht“. Er setzte sich knapp vor mich und ackerte wieder im Wind. Neben dem Tempo kämpfte ich mit dem Handling meines Rose.

Nicht so schnell in die Kurven gehen hatte ich mir vorgenommen. Will ja keinen Weltrekord knacken. Allerings war es mehr als müßig nach jeder konservativ gefahrenen Kurve wieder eine meterlange Lücke zu schliessen im Wind. Also versuchte ich dran zu bleiben, was eben auch fahrerisch forderte.

Wenig später fuhr in unserer Dreier Gruppe plötzlich ein weiterer Patrick mit. Ebenfalls ein ganz starker Fahrer so wie Robert. Ich kann nicht sagen ob er von Vorne oder hinten kam aber er komplettierte unsere kleine Windschatten Gemeinschaft bis zum Ende. 

Wie schon auf Zwift nutzte ich das Trinken der Mitfahrer als Erinnerung selbst etwas zu trinken und die Bananenchips Brötchen fanden auch ihren Weg in die Blutbahn. Leider flatterten die Kreppbänder fortan nervig im Wind.

Die meiste Führungsarbeit stemmten Robert und Patrick, während Ronny und ich zusammen etwa ein Drittel beisteuerten. Nicht fair aber alles was uns bei der Pace möglich war. 

Robert lobte uns immer mal wieder beim passieren, das tat dem etwas schuldbewussten Ego echt gut. 

Einmal hatte ich in einer Kurve die Führung und merkte wieder meine fehlenden Skills als ich zu spät den Gullideckel auf meiner Linie bemerkte und mich weit raustragen ließ. Die erfahreneren Fahrer lösten es irgendwie anders und schwupps musste ich wieder eine Lücke zufahren.

Kurz vor Ende des Radfahrens ging ich aus dem Sattel und fuhr nochmal an Patrick und Robert vorbei. Ich bedankte mich für das tolle Team und sagte das ich viel Spaß hatte. 

Und den hatte ich. Die jubelnden Fans nahe Start Ziel in der Kurve. Frank Horras mit seiner Kuhglocke und den stets Motivierenden Zurufen. Nein, ich wusste bis gestern Abend auch nicht wer das ist und was es mit der Tri-Familia auf sich hat. Danke trotzdem an dieser Stelle.

Was aber am Ende wirklich bezaubernd war ist das Gemeinschaftsgefühl mit meinen Mitstreitern. Ich wollte doch mit mir selbst fighten. Lonely Triathlete. Und am Ende hatte ich bei einem wahnsinnigen Tempo Gefährten gefunden und eine gemeinsame tolle Zeit gehabt.

So toll, daß ich vergessen hatte das Radtracking zu Aktivieren. Ich hatte während der gesamten 38 Kilometer nicht einmal auf meine Uhr geschaut und bin einfach gefahren. 
Zum Glück gab es ja eine offizielle Zeitnahme und die sagt, daß ich die Strecke mit einem Schnitt von 33 km/h in 1:08:51 hinter mich gebracht habe. 

Eine absolute Teamleistung in einem Einzelsport. Danke für das Erlebnis!

#berlintriathlon2021 #berlintriathlon

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